Der BGH hat mit Urteil vom April 2013 entschieden (Az. II ZR 273/11), dass die außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführers zulässig ist, wenn dieser einen Scheinvertrag – in diesem Fall einen Beratungsvertrag – für die Gesellschaft abgeschlossen hat, selbst wenn dieser Vertrag bereits Jahre zu vor wieder aufgehoben wurde!

Auf der Grundlage dieser Entscheidung wollen wir im Folgenden auf die Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung eines Geschäftsführervertrages eingehen und damit die Gefahren für das Dienstverhältnis des Geschäftsführers aufzeigen.

1. Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung

Verletzt der Geschäftsführer seine vertraglichen oder gesetzlichen Pflichten, so kann die Gesellschaft den Dienstvertrag außerordentlich kündigen. Nicht jede Pflichtverletzung rechtfertigt jedoch eine außerordentliche Kündigung. Im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung, bei der der Vertrag mit dem Ablauf bestimmter Fristen beendet wird, muss für die Wirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung ein wichtiger Grund vorliegen. Nachfolgend werden die Anforderungen an einen wichtigen Grund sowie die weiteren Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung dargestellt.

a. Zuständigkeit

Für die Kündigung ist grundsätzlich die Gesellschafterversammlung zuständig. Allerdings kann sowohl im Gesellschaftsvertrag als auch durch die Gesellschafter die Befugnis zur Kündigung auf andere Personen übertragen werden.[1]

b. Wichtiger Grund

Ein wichtiger Grund liegt gem. § 626 Abs. 1 BGB vor, wenn Tatsachen gegeben sind, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. In die Abwägung, ob es der Gesellschaft nicht zugemutet werden kann, den Geschäftsführer weiter zu beschäftigen, sind alle für die Vertragsparteien maßgebenden Umstände einzubeziehen.[2] In der Rechtsprechung wurden mehrere Fallgruppen für das Vorliegen eines wichtigen Grundes entwickelt:

Grobe Pflichtverletzung

Wann eine grobe Pflichtverletzung vorliegt ist einzelfallbezogen zu beurteilen. Der BGH hat jüngst entschieden, dass eine grobe Pflichtverletzung vorliegt, wenn der Geschäftsführer einen Scheinvertrag abschließt, also einen Vertrag, für den die Gesellschaft ein Entgelt zahlt, jedoch keine Gegenleistung erhält.[3] Daneben liegt eine grobe Pflichtverletzung z. B. vor, wenn das Gesellschaftsvermögen geschädigt wird, insbesondere zum eigenen Vorteil des Geschäftsführers.[4] Darüber hinaus kommen Amtspflichtverletzungen aus Gesetz oder Vertrag als grobe Pflichtverletzungen in Betracht, etwa die Entgegennahme von Schmiergeldern oder die Nichtvornahme gebotener Risikokontrollen.[5] Auch Kompetenzüberschreitungen, beispielsweise beim Abschluss von Verträgen oder zu Investitionsentscheidungen, zählen zu groben Pflichtverletzungen.[6] Dagegen sind Nebenpflichtverletzungen, die keine erheblichen Schadensrisiken für die Gesellschaft mit sich bringen, in der Regel als wichtiger Grund nicht ausreichend.[7] Vor der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführers ist grundsätzlich keine Abmahnung erforderlich.[8]

Personenbedingte Gründe

Unter personenbedingten Gründen versteht man alle Gründe, die ihre Ursache in der Person und nicht im Verhalten des Geschäftsführers haben. Dazu zählen insbesondere die fachliche Unzulänglichkeit oder die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung.[9]

Betriebsbedingte Gründe

Bei der Stilllegung des Unternehmens kommt eine Kündigung nur in Betracht, wenn diese auf dem wirtschaftlichen Niedergang der Gesellschaft basiert, nicht aber auf Gründen der Geschäftspolitik.[10] Daneben kommt eine sogenannte Druckkündigung als Kündigungsgrund in Betracht. Eine solche ist gegeben, wenn von Seiten Dritter – Außenstehenden oder Mitarbeitern – auf die Gesellschaft Druck ausgeübt wird, den Geschäftsführer zu entlassen und nur durch die Kündigung ein Nachteil, bei dessen Vorliegen dem Unternehmen unmittelbar der Einritt eines schweren Schadens droht, von der Gesellschaft abgewendet werden kann.[11]

c. Kündigungsfrist

Die Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erfolgen, § 626 Abs. 2 BGB. Erforderlich ist eine positive Kenntnis. Das bedeutet, dass alles in Erfahrung gebracht worden ist, was als notwendige Grundlage für eine Entscheidung über Fortbestand oder Auflösung des Dienstverhältnisses anzusehen ist.[12] Es darf keine weitere Aufklärung über die maßgeblichen Umstände erforderlich sein.[13] Für den Beginn der Frist kommt es auf die Kenntnis der für die Kündigung zuständigen Gesellschafterversammlung an. Grundsätzlich müssen alle Mitglieder der Gesellschafterversammlung Kenntnis erlangen. Jedoch muss ein Mitglied bei individueller Kenntnis die Gesellschafterversammlung einberufen und die anderen Mitglieder unterrichten.[14] In Anlehnung an § 626 Abs. 2 BGB muss das Organ innerhalb von zwei Wochen informiert werden.[15] Wurde die Befugnis zur Kündigung auf ein anderes Organ bzw. eine andere Person übertragen, so wird für das Vorliegen der Kenntnis dennoch auf die Gesellschafterversammlung abgestellt.[16] Müssen die Gesellschafter ihrerseits die Zustimmung ihrer Anteilseigner einholen, beginnt die Frist erst nach Eingang der Zustimmung zu laufen. Die Kündigungsmöglichkeit besteht aber dann nicht mehr, wenn sich die Gesellschafter nicht unverzüglich, das heißt unmittelbar nach ihrer Kenntnis der Tatsachen, um diese Zustimmung bemüht haben.[17]

2. Zusammenfassung

Die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung besteht grundsätzlich auch für einen Geschäftsführervertrag. Ob die Voraussetzungen gegeben sind, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Die Rechtsprechung entwickelt hier immer wieder unterschiedliche Fallbeispiele, wie das jetzige Urteil des BGH zum Scheinvertrag zeigt.[18] Bevor eine Kündigung ausgesprochen wird, sollte daher eine rechtliche Beratung eingeholt werden. In jedem ist Fall die Zweiwochenfrist zu beachten. Wird diese versäumt, ist es nicht mehr möglich, auf Grundlage der gegebenen Gründe eine außerordentliche Kündigung auszusprechen. 

Dann muss bzw. kann nur auf die ordentliche Kündigung zurückgegriffen werden. Dies stellt für den Geschäftsführer einen Vorteil dar. Nach Ablauf der Frist kann dieser erst einmal in aller Ruhe weiter arbeiten und muss keinen sofortigen Jobverlust als Folge seiner früheren Pflichtverletzungen befürchten. Jedoch stellt die Frist auch einen Nachteil für den Geschäftsführer dar. Durch die Anknüpfung an die tatsächliche Kenntnis der Gesellschafterversammlung, muss der Geschäftsführer auch noch Jahre nach der konkreten Pflichtverletzung mit einer außerordentlichen Kündigung rechnen, solange die Gesellschafterversammlung hiervon nichts weiß. Dies verdeutlicht das BGH Urteil vom April 2013 bei welchem die Kündigung erst sechs Jahre nach dem Abschluss des Scheinvertrages rechtswirksam erklärt wurde. Der Geschäftsführer sollte daher genau darauf achten, dass er keine derartigen Pflichtverletzungen begeht. Dies könnte ihn den Job kosten!

Endnoten
  • [1] – Vgl. BGH, Urteil vom 9.4.2013 – II ZR 273/11; Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 85, 89.
  • [2] – Ständige Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 9.4.2013 – II ZR 273/11.
  • [3] – Vgl. BGH, Urteil vom 9.4.2013 – II ZR 273/11.
  • [4] – Vgl. z. B. OLG Hamm, Urteil vom 24.06.1994 – 25 U 149/90: vorzeitige Tantiemen Auszahlung; BGH, Urteil vom 2. 6. 1997 – II ZR 101/96: Einsatz Arbeitskräften Gesellschaft für private Zwecke.
  • [5] – OLG München, Urteil vom 07.02.2007 – 7 U 4952/06; KG, Urteil vom 11.03.2005 – 14 U 137/03.
  • [6] – Vgl. Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161, 164; OLG München, Urteil vom 14.07.2005 – 6 U 5444/04; OLG Hamm, Urteil vom 28.02.2008 – 27 U 115/06; OLG Oldenburg, Urteil vom 22.6.2006 – 1 U 34/03.
  • [7] – Vgl. Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161, 164.
  • [8] – BGH, Urteil vom 2.7.2007 – II ZR 71/06.
  • [9] – Vgl. Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161, 164.
  • [10] – BGH, Urteil vom 28. 10. 2002 – II ZR 353/00.
  • [11] – Vgl. Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 161, 165; BGH, Hinweisbeschluss vom 23. 10. 2006 – II ZR 298/05.
  • [12] – BGH, Urteil vom 9.4.2013 – II ZR 273/11.
  • [13] – Vgl. Palandt, § 626, Rn. 23.
  • [14] – Vgl. BGH, Urteil vom 10.9.2001 – II ZR 14/00; KG, Urteil vom 11.03.2005 – 14 U 137/03; BGH, Urteil vom 9.4.2013 – II ZR 273/11; Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 85, 90.
  • [15] – Vgl. Tschöpe/Wortmann, NZG 2009, 85, 90.
  • [16] – BGH, Urteil vom 9.4.2013, II ZR 273/11.
  • [17] – BGH, Urteil vom 9.4.2013, II ZR 273/11.
  • [18] – BGH, Urteil vom 9.4.2013, II ZR 273/11.

Autorin: Isabelle Möllers