Zum 1. Juli 2014 sind Änderungen im Privatinsolvenzrecht in Kraft getreten. Diese gelten für alle ab dem 1. Juli 2014 beantragten Insolvenzverfahren. Im Folgenden wird ein Überblick über die wichtigsten Änderungen gegeben.

1. Allgemeine Änderungen

Zunächst ist zu beachten, dass für die Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens eine Bescheinigung über einen fehlgeschlagenen Einigungsversuch mit den Gläubigern auf Grund einer persönlichen Beratung und einer eingehenden Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt werden muss. Die Bescheinigung wird entweder von einer Stelle in Niedersachsen, die Schuldnerberatungen durchführt und in der Trägerschaft beispielsweise von Gemeinden, Landkreisen oder Kirchen steht, oder beispielsweise von Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern ausgestellt. Neben einer Individualberatung ist auch eine Gruppenberatung möglich. Dagegen sind für die notwendige persönliche Beratung weder Online-Angebote mit Selbstevaluation und vorgefertigten Informationen noch Formulare ausreichend.[1]

Der Insolvenzschuldner kann sich zukünftig im gesamten Insolvenzverfahren vertreten lassen, auch im Restschuldbefreiungsverfahren. Hiermit sind jedoch ein erhöhter organisatorischer Aufwand sowie in der Regel auch Kosten für den Vertreter verbunden, so dass abzuwarten bleibt, ob diese Möglichkeit in Anspruch genommen wird.[2]

Daneben wurden strafrechtliche Sanktionen angepasst. So wurde für ehrenamtlich tätige Vorstandsmitglieder von Vereinen und Stiftungen der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung abgeschafft.

2. Schuldenbereinigungsverfahren und/oder Insolvenzplanverfahren

Im Vorfeld des Insolvenzverfahrens kann ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgeführt werden. Hierdurch kann der Schuldner eine Schufa-Eintragung der Insolvenzeröffnung und einen Widerruf der Berufszulassung vermeiden. Im Schuldbereinigungsverfahren werden beispielsweise Rückzahlungsmodalitäten wie Ratenzahlungen, Stundungen und Teilerlass mit den am Schuldenbereinigungsverfahren beteiligten Gläubigern vereinbart. Hierfür ist jedoch ein allgemeiner Konsens der Gläubiger erforderlich und es werden nur die benannten Forderungen von der Vereinbarung erfasst.[3] Letzteres gilt auch für das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren. Vorteil dieses Verfahrens für den Schuldner ist, dass die fortbestehenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse vermutet werden. Eine abstrakte künftige Verbesserung dieser Verhältnisse genügt nicht, um den Schuldner zu verpflichten, eine Anpassungs- und Besserungsklausel in den Schuldenbereinigungsplan aufzunehmen.[4]

Daneben ist zukünftig auch im Privatinsolvenzverfahren die Abwicklung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens möglich. Dieses kann schriftlich durchgeführt werden. Das Insolvenzplanverfahren hat den Vorteil, dass für die Annahme des Plans lediglich eine Kopf- und Summenmehrheit der abstimmenden Gläubiger der Gruppe erforderlich ist. Daneben umfasst der Insolvenzplan anders als der außergerichtliche und gerichtliche Schuldenbereinigungsplan alle Gläubiger und nicht nur die benannten Forderungen. Auch werden Verbindlichkeiten im Insolvenzplan aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung grundsätzlich von einer Schuldbefreiung erfasst, soweit der Plan nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt.[5] Dies ergibt sich daraus, dass durch die Vereinbarung eines Insolvenzplans die Gläubiger auf sämtliche Forderungen gegen Zahlung einer Quote verzichten. Hierunter fallen gerade auch Forderungen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung.[6]

3. Restschuldbefreiung

Eine der wichtigsten Änderungen im Privatinsolvenzrecht stellt die Möglichkeit eines verkürzten Rechtsschuldbefreiungsverfahrens dar. Für die Erlangung der Restschuldbefreiung gibt es in Zukunft vier verschiedene Möglichkeiten. Die bisherige Möglichkeit, nach sechsjähriger Verfahrensdauer die Restschuldbefreiung zu erlangen, bleibt bestehen. Daneben kann der Insolvenzschuldner die Restschuldbefreiung ohne Treuhandperiode beantragen, wenn alle Insolvenzforderungen befriedigt und sonstige Masseverbindlichkeiten berichtigt sind. Eine Befreiung nach drei Jahren ist möglich, wenn 35 Prozent der Insolvenzforderungen befriedigt und sonstige Masseverbindlichkeiten berichtigt wurden. Als letzte Variante besteht die Möglichkeit einer Befreiung nach fünf Jahren, wenn lediglich die Kosten berichtigt wurden.[7] Es bleibt hierbei abzuwarten, ob die Möglichkeiten einer frühzeitigeren Restschuldbefreiung bei Zahlung der jeweils erforderlichen Verbindlichkeiten in Anspruch genommen werden, da in der Regel der Insolvenzschuldner der Privatinsolvenz nicht über genügend Vermögen verfügt, um die jeweilig notwendigen Beträge zu begleichen.

Daneben sind die Fristen für die Beantragung einer erneuten Restschuldbefreiung geändert worden. So ist ein erneuter Restschuldbefreiungsantrag erst zehn Jahre nach einer früheren Restschuldbefreiung bzw. fünf Jahre nach einer Versagung der Restschuldbefreiung zulässig. Ein Restschuldbefreiungsantrag ist auch unzulässig, wenn dem Schuldner in den letzten drei Jahren vor dem Insolvenzantrag die Restschuldbefreiung versagt worden ist.[8]

Die Versagungsgründe der Restschuldbefreiung wurden ebenfalls modifiziert. So wurde beispielsweise die Erwerbsobliegenheit des Schuldners erweitert. Der Schuldner muss eine angemessene Erwerbstätigkeit ausüben und, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche bemühen und darf keine zumutbare Tätigkeiten ablehnen. Verletzt der Schuldner die Erwerbsobliegenheit und beeinträchtigt er dadurch konkret die Befriedigung der Insolvenzgläubiger, so kann die Restschuldbefreiung bei Verschulden des Schuldners versagt werden.[9] Die Versagungsgründe können nun auch noch nach dem Schlusstermin, also innerhalb der Treuhandperiode, innerhalb sechs Monate nach Kenntniserlangung des Versagungsgrundes geltend gemacht werden.

4. Insolvenzverwalter

Darüber hinaus wurde das vereinfachte Insolvenzverfahren abgeschafft. Dies hat zur Folge, dass zukünftig auch in Verbraucherinsolvenzverfahren Insolvenzverwalter einzuschalten sind. Der Insolvenzverwalter ist auch hier nach den allgemeinen Befugnissen anfechtungsberechtigt. Die Anfechtungsberechtigung besteht beispielsweise hinsichtlich Zahlungen des Schuldners bzw. hinsichtlich der Herausgabe von Gegenständen an einzelne Gläubiger vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn hierdurch die Insolvenzgläubiger benachteiligt werden. Im Falle der Anfechtung muss der Gläubiger, der die Zahlung oder den Gegenstand erhalten hat, diese/diesen wieder an den Insolvenzverwalter zurückzahlen/herausgeben und seine Forderung gegen den Insolvenzschuldner lebt wieder auf.

Endnoten
  • [1] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1842.
  • [2] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1841.
  • [3] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1844.
  • [4] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1844; BGH, NJW-RR, 2014, 181.
  • [5] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1844.
  • [6] – BGH, Beschluss vom 17. 12. 2009 – IX ZR 32/08 in NJW-Spezial, 2010, 343.
  • [7] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1843.
  • [8] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1845.
  • [9] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1845.
  • [10] – Ahrens in NJW 2014, 1841, 1842.

Autorin: Isabelle Möllers